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Danny Schreckenbach

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#12 • Ein totes Mädchen, zwei minderjährige Tatverdächtige und eine Hetzjagd in den sozialen Medien
15-03-2023
#12 • Ein totes Mädchen, zwei minderjährige Tatverdächtige und eine Hetzjagd in den sozialen Medien
BehindBlueEyes.de Es ist eine Nachricht, die in den letzten Tagen die Schlagzeilen beherrschte und die nur schwer zu ertragen ist: Die zwölfjährige Luise aus Freudenberg im Siegerland wurde mit mehreren Messerstichen getötet. Unter dringendem Tatverdacht stehen zwei Mädchen im Alter von zwölf und 13 Jahren. Wie müssen sich die Eltern, die Familie, die Verwandten und Bekannten fühlen? Ich frage das bewusst für drei Familien, weil das, was am Wochenende passiert ist, unglaublich viel verändert hat. Mir bleibt nur, der Familie von Luise Kraft zu wünschen. (Gut gemeinte) Ratschläge verbieten sich von selbst. Aber das Internet ist voll davon. Und noch voller von Forderungen nach Verschärfung der Gesetze, die die Konsequenzen für straffällig gewordene Minderjährige betreffen, und manche Postings klingen gar wie Aufrufe zur Hetzjagd. Ich verstehe, dass man in diesen Tagen ein Ventil braucht. Ich muss meine Gedanken ja auch äußern. Aber ich finde, man kann eben nur seine Gefühle zu diesem Vorgang zum Ausdruck bringen. Denn zur Tat fehlen uns fast alle Informationen. Aber Deutschland ist eben nicht nur ein Land von 83 Millionen Bundestrainern, Virologen und Chefdiplomaten, sondern seit diesen Tagen auch von Erziehungswissenschaftlern und Strafrechtlern. Angestachelt von ein paar hitzigen Kommentaren lässt sich dann so mancher hinter seinem Pseudonym auf Twitter, TikTok und Co. zu Forderungen hinreißen, die man in einer ruhigen Minute wohl kaum erheben würde. Ich erinnere mich an einen Zeitungsartikel über einen Prozess, bei dem ich Schöffe war. Als ich den Beitrag las, fragte ich mich, wie der Journalist ein Urteil kritisieren konnte, obwohl er nur die ersten und die letzten Stunden der Verhandlung verfolgt hatte. So ähnlich gehts mir auch mit zahllosen Wortspenden zum "Fall Luise".
#11 • 299 Direktmandate, verwaiste Wahlkreise und die Frage nach der verfassungskonformen Teilnahme von Parteien an der Bundestagswahl
13-03-2023
#11 • 299 Direktmandate, verwaiste Wahlkreise und die Frage nach der verfassungskonformen Teilnahme von Parteien an der Bundestagswahl
Die Ampel-Parteien haben sich geeinigt: Der Bundestag soll verkleinert werden und von derzeit 736 auf dauerhaft 630 Abgeordnete schrumpfen – und damit nicht ganz so stark wie ursprünglich geplant. 598 Sitze sind nun im Bundestag vorgesehen. Diese Zahl wurde gegenüber den ersten Entwürfen noch einmal erhöht, um die Zahl der so genannten „verwaisten Wahlkreise“, aus denen kein direkt gewählter Abgeordneter ins Parlament einzieht, zu verringern. Außerdem einigten sich SPD, Bündnis ’90 – Die Grünen und FDP auf die Abschaffung der Grundmandatsklausel. Bisher konnten Parteien, die weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhielten, trotzdem in den Bundestag einziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewannen. Die Reform wird seit Jahren diskutiert, weil die Zahl der Bundestagsabgeordneten zuletzt immer weiter gestiegen ist. Im Jahr 2021 erreichte er die Rekordgröße von 736 Abgeordneten. Grund dafür ist das deutsche Wahlsystem mit seinen zwei Stimmen. Mit der Erststimme wird ein Abgeordneter direkt in seinem Wahlkreis gewählt, von denen es 299 gibt. Die Zweitstimme entscheidet darüber, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag erhält. Und weil das noch nicht kompliziert genug ist, gibt es noch die Überhang- und Ausgleichsmandate. Stehen einer Partei über die Zweitstimme eigentlich weniger Sitze zu, als sie über die Erststimme Wahlkreise gewonnen hat, bekommt sie so genannte Überhangmandate. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate. Ich habe so einige Probleme mit dieser neuen Regelung. In Artikel 20 unseres Grundgesetzes heißt es: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Wie kann es dann aber sein, dass es Wahlkreise gibt, in denen die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler vor Ort ausgehebelt wird und der Gewinner des Direktmandats nicht „zum Zuge“ kommt, weil das Zweitstimmenverhältnis für die Landesliste ein anderes ist, zumal der Wahlkreisgewinner sich im Bundestag ja auch besonders für die Interessen seines Wahlkreises einsetzen soll? Nach der neuen Regelung kann es also Wahlkreise geben, die nicht mit einem eigenen Abgeordneten im Parlament vertreten sind. Ist das demokratisch? Ich finde, wenn sich Bürgerinnen und Bürger für eine Frau oder einen Mann ihrer Wahl als Vertreter entscheiden, dann soll sie oder er die Wähler auch im Bundestag vertreten. – Ohne Wenn und Aber. Hier entscheidet die Mehrheit. Außerdem können so mehr unabhängige Kandidatinnen und Kandidaten gewählt werden. Ein Blick in die USA zeigt aber, dass das System „The Winner takes it all“ nicht der Weisheit letzter Schluss ist, wenn es um die Bestimmung der Volksvertreter geht. Es führt zu Blockbildung und gegenseitiger Blockade. Ich plädiere daher für die Beibehaltung der Zweitstimme als Parteistimme. Neben den direkt gewählten Abgeordneten werden noch einmal 299 Mandate prozentual verteilt und damit alle politischen Stimmungen in der Bevölkerung berücksichtigt. Zumindest für mich klingt mein Plan logisch, demokratisch und nachvollziehbar. Oder um es mit den Worten des sogenannten modernen Managements zu sagen: „Keep it short and simple“. Das kann ich vom neuen Ampelparteiengesetz nicht behaupten. Eine Frage hätte ich da noch… Wenn Absatz 2 des genannten Artikels des Grundgesetzes das Volk zum Souverän erklärt, wie kann dann eine Partei nur in einem Gliedstaat unseres Landes antreten? Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler kann doch gar nicht über diese Gruppierung entscheiden. Ist die Teilnahme der CSU an Bundestagswahlen also überhaupt verfassungskonform?
#9 • Ballsportarten, Wahlergebnisse in Berlin und das juso'neske Demokratieverständnis
02-03-2023
#9 • Ballsportarten, Wahlergebnisse in Berlin und das juso'neske Demokratieverständnis
Vor kurzem wurde in Berlin gewählt. Dazu gleich mehr, aber zunächst ein kleines Gedankenspiel. Auf einem Sportplatz treffen sich hundert Leute. Es muss erstmal geklärt werden, mit welchem Ball gespielt wird. Zur Auswahl stehen Fuß- und Handball, aber auch Basketball und sogar Golf. Von den 73 Sportlern, die dann tatsächlich eine Meinung zum weiteren Geschehen auf dem Sportplatz hatten, wollten 29 Fußball und je 18 Handball bzw. Basketball spielen. Für Golf entschieden sich weniger als fünf. Ich glaube, es ist allen klar, dass die Mehrheit für Fußball ist. Denn so ähnlich sich Handbälle und Basketbälle zwar auch sind, verwecheln kann man sie nicht und es gibt auch kein Spiel, dass die beiden kombiniert. In der Politik ist das anders. Hier müssen verschiedene Angebote miteinander kombiniert werden können. Leider hat der Trainer - um in der Sportplatzsprache zu bleiben - überhaupt kein Mitspracherecht mehr, nachdem er die Mannschaft aufgestellt hat. Dabei ist er der sogenannte Souverän und kann doch nur eine Partei ins Spiel schicken. Deshalb fand ich die ersten Reaktionen am Wahlabend auch mehr als irritierend, als SPD, Grüne und Linke die rechnerische Mehrheit tatsächlich als Regierungsauftrag für sich reklamierten. Politik ist doch mehr als Mathematik, oder!? Vom Demut gegenüber dem Wählerwillen will ich gar nicht erst anfangen. Es hat ein paar Tage gedauert und ich wäre gerne die berühmte Maus hinter den Kulissen gewesen, bis auch die SPD zur Vernunft gekommen ist. Eine Verweigerungshaltung der Sozialdemokraten gegenüber der CDU wäre nicht nur für Krösus Söder ein Wahlgeschenk gewesen. - "Lasst euch nicht die Stimme klauen." Ich sehe die kackblauen Wahlplakate schon vor mir. Nun also doch Koalitionsverhandlungen ausgehend vom Wahlgewinner. Aber es gibt auch die Jusos Berlin. "Die CDU passt nicht zu Berlin und nicht zur SPD. Wir werden uns jeder Bestrebung, eine Koalition mit der CDU zu bilden, entgegenstellen", twittern sie, noch bevor die Verhandlungen begonnen haben, noch bevor es überhaupt etwas gibt, worüber man sich inhaltlich auseinandersetzen könnte. Aber nachdem die Wählerinnen und Wähler gesprochen haben. Mal ehrlich, Leute: Bitte was? Wo kommen denn die Mitglieder der Berliner CDU her und die vielen Wähler, die sie zur stärksten politischen Kraft gemacht haben? Man kann, ja man muss politische Unterschiede betonen, aber nicht so. Ich finde das ziemlich arrogant für eine Partei, die keinen einzigen Wahlkreis gewonnen hat. Haben wir hier ein Beispiel für klassischen Realitätsverlust? Eine Frage hätte ich da noch... Man sagt, ein Perspektivwechsel bringt neue Einsichten. Ich frage also bewusst überspitzt: Hat sich die woke Blase so sehr daran gewöhnt, den politischen Diskurs zu bestimmen, dass sie meint, Abstimmungsergebnisse lässig beiseite wischen zu können?
#8 • Die gesetzliche Krankenversicherung, Reformvorschläge eines ERGO-Aufsichtsratsmitgliedes und die Kampagnen der Bild-"Zeitung"
22-02-2023
#8 • Die gesetzliche Krankenversicherung, Reformvorschläge eines ERGO-Aufsichtsratsmitgliedes und die Kampagnen der Bild-"Zeitung"
Der Ökonom Bernd Raffelhüschen fordert heute in der Bild-"Zeitung" eine Selbstbeteiligung der gesetzlich Krankenversicherten. "Wir können uns das System nicht mehr leisten", meint der Freiburger Wirtschaftsprofessor und schlägt vor, dass Patienten künftig mehr aus eigener Tasche zahlen sollen. Für die Eigenbeteiligung der Patienten sieht er mehrere Stufen zwischen 1.500 und 2.000 Euro pro Jahr vor. Karl Lauterbach reagierte prompt: "Für Universitätsprofessoren wie Herrn Raffelhüschen oder mich wären diese Vorschläge bezahlbar, für die große Mehrheit der Bevölkerung nicht“ und mehr als der Bundesgesundheitsminister braucht man zu dem Thema auch nicht sagen. Und die aktuellen Vorschläge von Prof. Raffelhüschen sind wohl auch nicht wirklich ernst gemeint. Denn gerade ein Wirtschaftsprofessor sollte wissen, dass in unserem Gesundheitssystem genug Geld vorhanden ist. Wir haben in Deutschland ein strukturelles Problem und das wird sich so schnell nicht lösen, dafür werden unsere Politiker schon sorgen. Schließlich müssen regelmäßig Wahlen gewonnen werden und da kann man große Wählergruppen nicht vor den Kopf stoßen. Das musste die SPD mit der Agenda 2010 bitter lernen, die die Partei die Macht kostete und - die Geschichte mag scheinbar Ironie - den Erfolg von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit begründete. Warum aber macht der Herr Professor solche Vorschläge via Zeitungsinterview? Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein Blick in seinen Lebenslauf. Herr Prof. Raffelhüschen ist Mitglied im Aufsichtsrat der ERGO Versicherungsgruppe. Außerdem ist er wissenschaftlicher Berater der Victoria Versicherung AG in Düsseldorf. Honi soit qui mal y pense! Die Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung ist nicht mehr das Nonplusultra. Ihre Mitglieder drängen in Scharen zurück in die gesetzlichen Krankenkassen, um der Kostenexplosion zu entgehen. Also müssen neue Märkte erschlossen werden, und genau darauf zielt die Idee ab. Für den raffelhüschenschen Selbstbehalt kann man doch eine Zusatzversicherung anbieten. Und noch eine Frage stellt sich mir: Warum die Bild? Warum interviewt die Zeitung, die sich gerne als Anwalt des "kleinen Mannes" sieht, jemanden wie Professor Raffelhüschen? Ganz einfach. Das bringt Unruhe ins Land. Wenn die Forderungen des Ökonomen genug Widerstand erzeugt haben, kann sich Bild als Held aufspielen und die Idee verdammen. Ich weiß nicht, wer in ein paar Wochen das aktuelle Feindbild der Springerpresse sein wird, aber dem kann man die Vorschläge in einer weiteren Kampagne sicher gut in die Schuhe schieben.
#5 • Der Allgemeine Studierendenausschuss der Freien Universität Berlin, keine Reaktionen à la Helmut Kohl und Alice Weidels Kopftuchmädchen
08-02-2023
#5 • Der Allgemeine Studierendenausschuss der Freien Universität Berlin, keine Reaktionen à la Helmut Kohl und Alice Weidels Kopftuchmädchen
An der Freien Universität Berlin belästigt ein Mann immer wieder Frauen. Doch anstatt das die Opfer die Polizei rufen sollen, empfiehlt der Studierendenrat in einer E-Mail, ihn einfach wegzuschicken und notfalls die Uni-Sicherheit zu rufen – aber eben nicht die Polizei! Wörtlich heißt es: „Wir möchten unbedingt darauf hinweisen, dass Polizeieinsätze für von Rassismus betroffene Menschen grundsätzlich mit einem erhöhten Risiko einhergehen, Polizeigewalt zu erfahren“. Die folgenden Reaktionen waren vorhersehbar. Von „Täterschutz“ war die Rede und davon, dass Opfer sexualisierter Gewalt nicht ausreichend geschützt würden. Eine Kritik, die ich nachvollziehen kann und teile. Wenn ich „angegangen“ werde, möchte ich in meinen Reaktionen keine Rücksicht auf mögliche Folgen für die Täterin oder den Täter nehmen. Manchmal muss man mehr wie Helmut Kohl sein. Der saß Probleme auch gerne mal aus. Aber die ASTA-Mitglieder konnten die öffentlichen Reaktionen nicht einfach hinnehmen, still sein und vielleicht auch mal reflektieren. Nein, eine weitere Pressemitteilung mit einer Richtigstellung zu den falschen Darstellungen ihrer Position musste es natürlich sein. Einige Zitate: -  Polizeigewalt und Morde durch Polizeibeamt*innen sind ein bekanntes Problem und sollten Anlass einer grundsätzlichen Kritik an dieser Institution sein. -  Es ist zudem eine bekannte Tatsache, dass Polizeibeamt*innen mitunter Betroffene von sexualisierter Gewalt nicht ernst nehmen oder ihnen Schuld zuweisen und so zu einer weiteren Traumatisierung beitragen können. Das ist eine Wortwahl, die auch Alice Weidel für ihre geifernden Reden benutzt. In der Bundesrepublik wird nur der Täter für die ihm nachgewiesene individuelle Straftat bestraft. Eine wie auch immer geartete Sippenhaftung ist aus guten Gründen ausgeschlossen - und bleibt hoffentlich auch so! Allen Schutzsuchenden die Ausnutzung unseres Sozialstaates zu unterstellen oder in der Polizei generell ein Gewaltproblem zu sehen, ist für mich das gleiche Niveau. Sind sich Links und Rechts in ihren Argumentationsformen wirklich so ähnlich? Könnte Frau Weidel rot angestrichen in der Partei "Die Linke" Karriere machen? Zurück zur AStA-E-Mail: -  Schockierend ist für uns, dass von zahlreichen Verlautbarungen nun ausgerechnet die Polizeikritik in einer universitätsinternen Warnung vor einer verbal sexuell übergriffigen Person, die zudem verzerrt dargestellt wird, öffentliche Wellen schlägt. -  Ausführlich recherchierte Hinweise und Pressemitteilungen zu Kritik an Prozessen in Hochschulgremien, der desolaten sozialen Lage der Studierenden, rassistischen und sexistischen Vorfällen oder sonstigen Skandalen an der sogenannten Freien Universität sind der Presse hingegen oft nur eine Randspalte wert. Whataboutism bezeichnet ein Verfahren, bei dem eine kritische Frage oder ein kritisches Argument nicht beantwortet oder diskutiert wird, sondern mit einer kritischen Gegenfrage beantwortet wird. Die jüngste Pressemitteilung des ASTA ist Whataboutism par excellence. Von Selbstkritik keine Spur. Stattdessen der Vorwurf, man sei missverstanden worden. Es folgen Rechtfertigungen und die Gegenfrage. Auch ein Stil, der sonst von der sogenannten Alternative verwendet wird. Fehlt eigentlich nur noch, dass jemensch vom Studierendenausschuss ganz von-storchig von der Maus abgerutscht ist.
#3 • Wasser, Wein und eine Flugreise nach Thailand
03-02-2023
#3 • Wasser, Wein und eine Flugreise nach Thailand
Luisa und Yannick sind zurzeit in Thailand (also nicht auf Bali). Wie so viele, sind sie mit dem Flugzeug dorthin geflogen. Doch es gibt einen Unterschied zu den anderen Thailand-Urlaubern: Sie sind Aktivisten von "The Last Generation" und setzen sich für den Klimaschutz ein. Passt da ein Langstreckenflug? Ich glaube, dass niemand "perfekt" leben muss und mein erster Gedanke war, dass das Fachblatt für Schmierereien und Hetze mal wieder eine Kampagne gegen seinen neuen Lieblingsfeind gestartet hat. Aber dann las ich die Rechtfertigungsversuche auf Twitter und in der "taz". Da ist davon die Rede, dass man die Klimaschutzaktion vom Privatleben trennen muss oder es sich natürlich um den letzten Flug von Luisa und Yannick handelt. Sie haben sich so viele Gedanken gemacht! Und schuld sind natürlich die anderen. Schließlich ist das Fliegen eine schlechte Angewohnheit in den reichen Industrieländern. Was ich nicht gelesen habe: „Mea culpa. Unser Fehler“. Ich denke, wer in der Welt etwas verändern will, muss bei sich selbst anfangen. Vielleicht muss man dazu auch auf den Traum von Thailand verzichten, insbesondere wenn man von Anderen Verzicht zum Beispiel bei der Nutzung von privaten Autos verlangt. Heinrich Heine schrieb in seinem Versepos „Deutschland. Ein Wintermärchen“: „Sie sang(en) das alte Entsagungslied, (…) ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenn auch die Herren Verfasser, ich weiß, sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser“. Der Klimawandel - ob natürlich oder vom Menschen verursacht - stellt uns vor große Herausforderungen. Wir alle müssen uns damit auseinandersetzen. Unsere Lebensweise wird sich ändern müssen. Wir werden wahrscheinlich nicht mehr im derzeitigen Überfluss leben können, in dem auch noch alles billig ist. Nachhaltigkeit muss das Schlüsselwort für unser Handeln sein. Wenn ich Vorbilder für einen entsprechenden Lebensstil finde, schließe ich mich gerne an. Luisa und Yannick sind keine. Menschen wollen nicht bevormundet werden. Menschen wollen inspiriert werden. Dann ziehen sie mit.
#2 • Ein Fall von sexuellem Missbrauch im Bistum Dresden-Meißen, meine Wut und meine Scham als Katholik
30-01-2023
#2 • Ein Fall von sexuellem Missbrauch im Bistum Dresden-Meißen, meine Wut und meine Scham als Katholik
Ich bin gerade fassungslos angesichts der Nachricht, dass das Bistum Dresden-Meißen einen Seelsorger wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf Jugendliche vom Dienst suspendiert hat. Wie das Bischöfliche Ordinariat in Dresden mitteilte, hat Bischof Heinrich Timmerevers nach einer ersten Prüfung des Falles entschieden, den Mann vorerst von seinen Aufgaben zu entbinden (MDR Sachsen). Zum Fall direkt kann ich mich nicht äußern. Ich kenne den Vorfall nicht und erstmal herrscht die Unschuldsvermutung. Aber ich kann mich zum Zölibat äußern. Hier sehe ich das Hauptproblem beim Thema sexualisierte Gewalt. Ein Thema, dass die Kirche rund um den Globus seit vielen Jahren beschäftigt und was wohl ziemlich einfach darin liegt, dass es sich auch bei den Dienern Gottes nur um Menschen handelt. Menschen haben sexuelle Bedürfnisse und die müssen befriedigt werden. Ich verstehe nicht, warum der Vatikan nicht endlich seine Augen öffnet: Vielleicht verkürze ich zu sehr, aber ich glaube, wenn das Sexual-Verbot nicht mehr bestehen würde, dann würden diese natürlichen Bedürfnisse in vielen Fällen in gleichberechtigten Beziehungen befriedigt. Und was spricht auch dagegen? Das Zölibat wurde erst 1139 Jahre nach Beginn unserer Zeitrechnung eingeführt. Das 2. Lateran-Konzil musste nämlich ein zutiefst menschliches Problem in den Griff bekommen. Die Familien der Priester wurden zu groß und fielen den Gemeinden damit zur Last. Die schafften es nicht mehr immer mehr Personen zu ernähren. Ergo, ein Priester pro Gemeinde und damit war die Ernährung gesichert. Religiöse Gründe für das Zölibat gibt es nicht, außer der Tradition. Dafür viele menschliche, die gegen die Zwangsenthaltsamkeit sprechen, nämlich die Opfer. Als Katholik schäme ich mich zutiefst, dass die alten Männer in Rom sich so sehr vom Volk Gottes entfernt haben und ich bin wütend, dass immer nichts passiert. Schade, dass man nur einmal austreten kann.