Jun 10 2024
GS004 - Der Nahostkonflikt
In der vierten Folge des Geschichtsschatten-Podcasts wird der moderne Nahost-Konflikt analysiert. Es werden historische und politische Faktoren beleuchtet, die zu den aktuellen Spannungen und Entwicklungen in diesem lang andauernden Konflikt geführt haben. Besonders wird der interne Konflikt zwischen den palästinensischen Gruppen Fatah und Hamas hervorgehoben, sowie deren unterschiedliche Ideologien und Auswirkungen auf die Beziehung zu Israel. Die Entstehungsgeschichten und Einflüsse aus dem Ausland werden ebenfalls untersucht, um die gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen in der Region besser zu verstehen. Es wird auch auf die Idee einer Zwei-Staaten-Lösung und die Haltung der Hamas dazu eingegangen. Die Gründungsgeschichte der Fatah und ihre Konkurrenz zur PLO werden ebenfalls behandelt, ebenso wie die Auswirkungen des Junikriegs von 1967 auf die Fatah. Die Muslimbruderschaft spielte eine entscheidende Rolle in der Geschichte des Konflikts, insbesondere im Gazastreifen, wo sie sich im Untergrund gegen die israelische Besatzung engagierte und finanzielle Unterstützung erhielt. Trotz Herausforderungen konnte die Bruderschaft ihre Macht gegenüber der Fatah nur begrenzt ausweiten und verlor an Popularität aufgrund ihrer als altmodisch empfundenen Ausrichtung. Die Gründung der Hamas fiel in denselben Monat, in dem die erste Intifada ausbrach, nämlich Dezember 1987. Die Hamas wurde als militante Organisation gegründet, die den bewaffneten Kampf gegen die israelische Besatzung unterstützte und sich durch antisemitische Erklärungen und die Stilisierung des Aufstands als Heiligen Krieg positionierte. Es kam zu einem Machtkampf zwischen Hamas und Fatah um die Führungsposition innerhalb der palästinensischen Bewegung. Trotz Versuchen der Fatah-PLO, die Hamas in Friedensverhandlungen einzubeziehen, lehnte die Hamas jede Art von Verhandlungen mit Israel ab und sah sich als gleichberechtigter oder überlegener Herausforderer, der sich nicht am Friedensprozess beteiligen wollte, solange sie nicht auf Augenhöhe mitreden konnte. Die Eskalation des Konflikts zwischen den beiden Bewegungen setzte sich fort, trotz einer von beiden Seiten erlassenen Versöhnungserklärung. Die Hamas forderte die Fatah weiter heraus und präsentierte sich in der Öffentlichkeit als die wahren Führer des palästinensischen Kampfes. Nach weiteren Eskalationen versuchten beide Parteien den Streit zu entschärfen, indem sie eine gemeinsame Erklärung abgaben, die jedoch scheiterte und zu weiteren bewaffneten Auseinandersetzungen führte. Die Hamas erweiterte ihre Strategie zur Torpedierung des Friedensprozesses und fand Unterstützung im Iran, der sich gegen jede Anerkennung Israels stellte. Die Zusammenarbeit mit dem Iran beeinflusste auch die Kampfstrategie der Hamas, die nun Selbstmordanschläge als neue Dimension ihres Kampfes gegen Israel einführte. Im Jahr 1994 erklärte die Hamas ihre Bereitschaft zu einem echten Friedensprozess, der den vollständigen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten, den Rückbau der Gesiedlungen und freie palästinensische Wahlen forderte. Die israelische Reaktion darauf war gemischt, mit einigen Bereitschaft zu Gesprächen, aber auch mit gezielten Tötungen von Hamas- und Islamistenführern. Ein gescheitertes Mossad-Attentat in Jordanien führte zu einem Wendepunkt, als der jordanische König die Freilassung eines Hamas-Führers forderte und die Hamas daraufhin Selbstmordattentate stoppte. Es folgte ein Stillhalteabkommen zwischen Hamas und Fatah, gefolgt von erfolglosen Verhandlungen zwischen Arafat und Barak im Jahr 2000. Die zweite Intifada brach aus, nachdem das Gipfeltreffen zwischen Clinton, Barak und Arafat scheiterte. Ariel Sharon übernahm als Premierminister und intensivierte die Militärstrategie gegen die Intifada. Die Hamas schloss sich der Intifada an und führte blutige Selbstmordattentate durch. Es kam zu einer Eskalation der Gewalt zwischen den beiden Seiten, die zu einer vorübergehenden Waffenruhe führte, aber bald wieder in Gewalt ausbrach. Der Tod von Yassir Arafat führte zu politischen Veränderungen, mit Mahmoud Abbas als seinem Nachfolger. Abbas versuchte, den Zusammenbruch der Fatah zu verhindern und Wahlen vorzubereiten, die zu einer Herausforderung durch die Hamas führten. Die Parlamentswahlen 2006 waren eindeutig, die Hamas gewann die absolute Mehrheit. Mit dem Wahlsieg der Hamas im Jahr 2006 erreichte die Organisation ihr Ziel nach einem langen und blutigen Weg, der von Spannungen zwischen der Hamas und der Fatah und deren unterschiedlichen Plänen für eine zukünftige palästinensische Stadt geprägt war. Während die Fatah eine Zweistaatenlösung anstrebte und auf Verhandlungen mit Israel setzte, verfolgte die Hamas den Weg einer Einstaatenlösung durch bewaffneten Widerstand. Diese grundlegenden Meinungsverschiedenheiten bildeten den Kern des Konflikts zwischen den beiden Gruppierungen, der den Nahen Osten von 1987 bis 2004 fest im Griff hielt. Die Analyse der Entstehungsgeschichte beider Bewegungen zeigt jedoch, dass die Unterschiede zwischen ihnen nicht so extrem sind, wie es auf den ersten Blick erscheint. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass auch die Hamas Interesse an der Zweistaatenlösung zeigte, allerdings ohne Israel direkt anzuerkennen. In den blutigen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas wird oft übersehen, dass die Hamas wiederholt zu Waffensstillständen bereit war, um die Gewalt zu beenden. Beide Bewegungen waren stark auf den bewaffneten Widerstand fixiert, trotz der deutlichen Asymmetrie gegenüber dem israelischen Militär. Der Erfolg der Hamas zeichnete sich bereits Jahre vor ihrem Wahlsieg ab. Es stellt sich die Frage, warum Israel den Aufstieg der Hamas und deren letztendliche Machtübernahme duldete. Von 1967 bis 1975 unterstützte Israel finanziell die Muslimbruderschaft und damit das islamistische palästinensische Milieu, um einen Gegenwicht zur Fatah und den Kommunisten zu schaffen. Diese Finanzierung säte die Saat von Hamas und anderen islamischen Bewegungen, die mit Terrorismus den israelisch-palästinensischen Friedensprozess untergruben. Dies legt nahe, dass Israel an der Entstehung der Hamas beteiligt war, auch wenn es nicht direkt deren Gründung oder die zahlreichen Terroranschläge verantwortete. Vielmehr konnte Israel das Wachstum der Hamas nicht kontrollieren, trotz zahlreicher Versuche, sie durch Verhaftungswellen, gezielte Tötungen oder die Ausschaltung von Führungsfiguren wie Sheikh Ahmed Yasin zu stoppen. Die Ablehnung der Friedensangebote der Hamas durch Israel zeigt, dass Israel die Bewegung als islamistische Terrororganisation sah und unterschätzte deren Beliebtheit und Rückhalt in der palästinensischen Gesellschaft. Israel hat die Hamas nie als direkten politischen Gesprächspartner bei politischen Fragen anerkannt. In der Zeit nach den Wahlen von 2006 bis zur Gegenwart hat sich an der komplizierten Beziehung zwischen der Hamas und der israelischen Regierung wenig geändert. Israel hat sich nicht entschieden, ob es die Hamas als Terrororganisation oder als eine demokratisch legitimierte palästinensische politische Organisation sieht. Dies könnte auf die Befürchtung eines palästinensischen Machtwakums zurückzuführen sein, das für Israel eine größere Bedrohung darstellen könnte als die Hamas selbst. Es darf nicht übersehen werden, dass jede Entscheidung weitreichende Folgen hat und der Einfluss vieler Staaten auf den Nahen Osten nicht unterschätzt werden sollte. Der Nahost-Konflikt prägt nicht nur territoriales, sondern auch religiös-ethnisches Konfliktpotenzial, was am Beispiel der Hamas deutlich wird und zu unvorhersehbaren Situationen führen kann.Vielen Dank fürs Zuhören, ich hoffe, ich konnte ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Wenn euch die Folge gefallen hat oder ihr Anregungen zum Podcast habt, lasst es mich wissen. Ihr könnt mich ganz einfach per Mail unter geschichtsschatten@geschichtsschatten.ch kontaktieren, die Mailadresse und alle weiteren Kontaktmöglichkeiten und Social Media Links findet ihr auf meiner Website www.geschichtsschatten.ch. 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