Als Stadtmenschen müssen wir uns erst einmal Hamaguchis Entschleunigung ausliefern. Im Stil einer kontemplativen Dokumentation beobachten wir für eine ungewohnt lange Zeit, wie Takumi (Hitoshi Omika) Holz sägt, es spaltet, es ans Haus bringt, es aufstapelt, bevor er mit einem Freund Wasser aus einer Quelle schöpft, aufreizend langsam, Schöpflöffel für Schöpflöffel, Wasser, das später für den herausragenden Geschmack von Udon-Nudeln in einem Restaurant sorgen wird. Aber die düstere Musik von Eiko Ishibashi macht von Anfang an klar: Diese Idylle ist bedroht, wir spüren kommende Gefahren. Für Konflikte sorgen dann Vertreter einer Firma, die eine Glampinganlage in die Natur setzen will – und damit die Wasserversorgung des Dorfes beeinträchtigen würde.
In den wenigen Dialogszenen werden die verschiedenen Denkweisen klar: Bemühen um Harmonie und Gleichgewicht auf der einen Seite, auch und gerade mit der Natur, und Gewinnstreben auf der anderen Seite. Der Spätkapitalismus kollidiert mit nachhaltigem Handeln. EVIL DOES NOT EXIST lässt Raum für Interpretationen und allegorische Ebenen: Das Bild von den Menschen, die am oberen Flußlauf wohnen und für die Menschen, die am unteren Flußlauf wohnen, Verantwortung übernehmen müssen, verweist auf die Verantwortung der Reichen gegenüber den Armen und auf die Verantwortung der Menschen für kommende Generationen. Aber während in den ruhigen Bildern solche Gedanken im Publikum aufkommen, und Takumi ein verlockendes Angebot bekommt, eskalieren die Konflikte zwischen Stadt und Land, zwischen Gier und Bescheidenheit. Im Podcast direkt nach dem Film müssen wir erst einmal das dramatische Ende verdauen und den Rätseln nachspüren, die Hamaguchi nicht auflöst. Am Mikrofon: Bettina, Johanna und Thomas.