Sind die strengen CO2-Ziele der EU im kommenden Jahr für die Autohersteller unerreichbar? Ganz im Gegenteil, sagt Peter Mock! 2025 werden ausreichend Elektroautos zur Verfügung stehen – oder kleine Hintertüren in der Regulierung genutzt, erklärt der Europa-Chef des ICCT in diesem Podcast.
Im Gespräch mit electrive-Chefredakteur Peter Schwierz beschreibt Peter Mock die Strategien der Automobilindustrie in Bezug auf die verschärften CO2-Flottenziele der EU sehr präzise. Verkehrsminister Volker Wissing und die Automobilindustrie beklagen derzeit, dass die Zielvorgaben schwer erreichbar seien und fordern eine Überprüfung der Regelungen. Mock ist jedoch skeptisch gegenüber diesen Aussagen – und sieht sie eher als Ausdruck von intensiver Lobbyarbeit.
Er stellt klar, dass die CO2-Ziele der EU keineswegs unerreichbar sind, und führt an, dass ähnliche Ängste bereits in der Vergangenheit geäußert wurden, aber unberechtigt waren. "Das 2015er Ziel wurde vorzeitig erreicht", so Mock. Er erinnert daran, dass die Automobilindustrie schon damals versucht habe, die Regelungen als zu streng darzustellen, und letztlich die Grenzwerte durch Tricksereien, etwa beim Testen der Fahrzeuge, erfüllt habe.
Der Übergang zur Elektromobilität sei unvermeidlich, da Verbrennungsfahrzeuge kaum noch die CO2-Vorgaben erreichen könnten. Mock betont auch, dass die EU-Vorschriften keine Technologie vorschreiben, sondern nur CO2-Ziele. Ein Verbrenner-Verbot gebe es zwar nicht, aber: "Es gibt faktisch keine andere Möglichkeit außer Batteriefahrzeuge oder Brennstoffzellenfahrzeuge", erklärt der Experte.
Ein weiteres zentrales Thema ist die angebliche Krise der Automobilhersteller. Mock widerspricht vehement: "Die fünf größten Hersteller haben in den letzten Jahren 65 bis 70 Milliarden Euro Gewinn gemacht." Seiner Ansicht nach haben die Konzerne also genügend finanzielle Mittel, um in Elektromobilität und CO2-Reduktion zu investieren. Allerdings gebe es Nachholbedarf beim Marketing und der allgemeinen Innovationsbereitschaft. "Leider werden immer noch zu viele Ressourcen investiert, um gegen den Wandel zu lobbyieren, anstatt innovativ voranzugehen."
Im zweiten Teil des Interviews wird der aktuelle Stand und die zukünftige Entwicklung der CO2-Emissionsziele für Neufahrzeuge in der EU erörtert. Nachdem die Autohersteller die CO2-Grenzwerte 2020 und 2021 mit einem deutlichen Rückgang der Emissionen von 12 % erreicht hatten, stagniert der Anteil der Elektrofahrzeuge seitdem. Der Experte glaubt, dass die Hersteller nach der Erfüllung der damaligen Ziele „locker gelassen“ haben. Nun stehen die strengeren Ziele für 2025 an, die einige Hersteller als Herausforderung beschreiben – obwohl sie seit Jahren bekannt sind.
Es wird ein alarmistisches Bild gezeichnet, insbesondere von einigen Herstellern wie Renault, die behaupten, bis zu 13 Milliarden Euro an Strafen zahlen zu müssen, wenn sie die Ziele nicht erreichen. Dieses Szenario sei jedoch völlig übertrieben. Interessanterweise haben andere Hersteller wie Stellantis und BMW deutlich gemacht, dass sie die Ziele erreichen können und darauf gut vorbereitet sind.
Ein wichtiges Thema ist die Unsicherheit, die durch politische Debatten und Lobbyarbeit rund um die CO2-Ziele und den Ausstieg aus dem Verbrenner entsteht. „Populistisch“ geforderte Gesetzesänderungen, so der ICCT-Europa-Chef, könnten das Vertrauen der Verbraucher in die Elektromobilität untergraben.
Fakt ist: 2024 hatten die Autohersteller aufgrund der gleichbleibenden CO2-Grenzwerte seit 2021 wenig Anreiz, viele Elektrofahrzeuge zu verkaufen. Der wahre Druck kommt erst 2025, wenn neue, strengere Ziele in Kraft treten. Daher erwartet Peter Mock, dass die Hersteller im kommenden Jahr die Preise senken, um ihren Absatz anzukurbeln und in Europa Elektroautos rund 20 bis 25% Marktanteil erreichen werden. Eine Abkehr von der EU-Regulierung sei also unnötig – und Mitleid mit der Autobranche nicht angebracht!