Proteste auf Mallorca, Eintrittsgelder in Venedig,
Wasserpistolen-Attacken in Barcelona: An immer mehr attraktiven
Reisezielen formieren sich die Einheimischen zum Widerstand gegen immer
größere Touristenmassen, die dort einfallen, wo sie arbeiten, wohnen,
einkaufen und dauerhaft leben – und dadurch ihren Alltag in einen
Albtraum verwandeln. Steigende Mieten, die Verwandlung von Wohnraum in
Ferienwohnungen, Lärmbelästigung, Umweltbelastung und der Verlust
traditioneller Lebensgewohnheiten sind nur einige der Folgen eines
Übermaßes an Tourismus, der zu belegen scheint, was der Schriftsteller
Hans Magnus Enzensberger einst auf den Punkt gebracht hat: "Der
Tourismus zerstört, was er sucht, indem er es findet." Wie können
Lösungen aussehen, die es ermöglichen, dass Menschen weiterhin verreisen
und damit ihren Horizont erweitern, ohne gleichzeitig zur Plage zu
werden?
In der neuen Ausgabe von Das Politikteil sprechen Tina Hildebrandt und
Peter Dausend mit zwei Gästen über das Phänomen des Overtourism: mit
Markus Pillmayer, Professor für Destinationsentwicklung und
Destinationsmanagement an der Hochschule München, sowie mit Patrick
Czelinski, dem stellvertretenden Chefredakteur des Mallorca Magazin.
Czelinski berichtet, wogegen sich die aktuellen Proteste genau richten,
beschreibt, wie aus einem vermeintlich guten Ansatz – der Verteilung der
Touristen über die gesamte Insel – neue Probleme erwachsen sind, und
analysiert, wie der Mix aus Hochpreis- und Ballermann-Tourismus den
Alltag der Mallorquiner verändert: "Die Urlauber dringen längst in den
natürlichen Wohnraum der Einheimischen ein." Außerdem geht Czelinski der
Frage nach, wie viel Wahrheit im Klischee von den Deutschen als
weißbesockte, sandalenbewehrte Sauftouristen steckt.
Markus Pillmayer kritisiert die engstirnige Ausrichtung der
Tourismusindustrie auf Wachstum. "Es bestand die Hoffnung seitens der
Wissenschaft, dass die Pandemie die Branche zum Nachdenken bringt. Das
hat sich als Trugschluss erwiesen." Nun wolle man "zurück in die
Vergangenheit, zurück nach 2019". Ausgehend von einer prinzipiell
positiven Haltung zum Tourismus ("Er ist mehr als ein Wirtschaftsfaktor.
Er ist sinnstiftend, identitätsstiftend, kulturstiftend."), beschreibt
Pillmayer dessen Irrwege, Übertreibungen und neuen Erscheinungsformen
wie etwa den "Instagram-" oder den "Last-Chance-Tourismus". Pillmayer
sieht im Zusammenspiel von Zielorten, Reiseveranstaltern, Reisenden und
Einheimischen die einzige Chance, den "Übertourismus" zurückzudrängen:
"Wir müssen einen Tourismus definieren, mit dem wir leben können und von
dem wir leben können."
Im Podcast Das Politikteil sprechen wir jede Woche über das, was die
Politik beschäftigt, erklären die Hintergründe, diskutieren die
Zusammenhänge. Immer freitags, mit zwei Moderatoren, einem Gast – und
einem Geräusch. Neben Tina Hildebrandt und Peter Dausend sind auch
Ileana Grabitz und Heinrich Wefing als Gastgeber zu hören.
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