Die Dunkelheit hat nicht das letzte Wort - Trauerbegleitung mit Anke Keil
Wenn ein geliebter Mensch stirbt, ist von einem Moment auf den anderen alles ganz anders. Das eigene Leben bleibt plötzlich stehen, ist aus den Fugen geraten. Und nur wenige wissen, wie sie mit der Trauer umgehen sollen. Plötzlich fehlen uns die Worte, um das, was uns bewegt, auszudrücken. Das vertraute Miteinander gelingt nicht mehr und wir verlieren uns womöglich aus den Augen.
Im Gespräch mit Anke Keil, Theologin und Lektorin, ergründen wir diese Situation und sprechen darüber, was dabei helfen kann, in solchen Momenten achtsam und empathisch miteinander umzugehen.
Anke Keil hat eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin, arbeitet im Hospiz und in der Telefonseelsorge. Nachdem 2015 eine Tochter still geboren wurde, gründete sie zusammen mit ihrem Mann eine Selbsthilfegruppe für frühverwaiste Eltern. Sie möchten Eltern in vergleichbarer Situation eine Anlaufstelle bieten, sie in ihrer Ohnmacht begleiten und mit ihnen über den Schmerz und den Verlust sprechen.
Wir gehen auch der Frage nach, warum Trauer in unserer Gesellschaft als etwas Schambehaftetes betrachtet wird. Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat die These formuliert: Das größere Tabu in unserer Gesellschaft ist nicht der Tod, sondern das große Tabu ist die Trauer, weil sie soziale Abläufe stört und auch in der Arbeitswelt oft als störend und kompliziert empfunden wird. Und keiner möchte kompliziert sein.
Wie lange jemand trauert, ist unterschiedlich. Auch noch Jahre später kann es passieren, dass sich die Trauer an besonderen Tagen, wie dem Geburts- oder Todestag, wieder eindrücklich zurückmeldet. Aber wir dürfen diese Narben und Brüche, die uns das Leben zugefügt hat, nicht verstecken. Wie bei der alten japanischen Kunst Kintsugi müssen wir sie achtsam zu einer neuen Form zusammensetzen. Wir können reparieren, was zerbrochen ist und ihm damit einen ganz eigenen Wert geben. Dann wachsen wir an unseren Verletzungen und können sie als wertvolle Lebenslinien akzeptieren. Das eröffnet uns einen Weg mit der Trauer umzugehen und Neues wachsen zu lassen.